Krebsdiagnose

Neue Wege, bessere Aussichten

Von Nadine Effert · 2025

Die Diagnose Krebs möchte kein Mensch hören, dennoch werden vermeidbare Risikofaktoren und Vorsorgeuntersuchungen nicht genügend ernst genommen. Ihre Verantwortung ernst nimmt allerdings die Forschung: Unter anderem dank ihr ist Krebs in vielen Fällen heute nicht mehr zwangsläufig ein Todesurteil.

Lächelnde Ärztin in weißem Kittel bricht eine Zigarette in zwei Hälften als Symbol für Rauchstopp und gesunde Lebensweise.
Wissenschaftliche Beweise zeigen, dass das Krebsrisiko nach dem Rauchstopp in jedem Alter sinkt. Foto: iStock / demaerre

„Gemeinsam einzigartig“ – so lautete das Motto des diesjährigen Weltkrebstages am 4. Februar. Das Bekanntwerden der Erkrankung verändert schlagartig das Leben der Betroffenen, löst Unsicherheit und Ängste vor der Behandlung und ihren Nebenwirkungen, vor Schmerzen, vor dem Tod aus. Eine Krebsdiagnose verbindet Betroffene, und gleichzeitig hat jede Patientin und jeder Patient eine ganz eigene Geschichte mit einem individuellen Krankheitsbild und Therapieverlauf.

In Deutschland erhalten jedes Jahr laut dem Robert Koch-Institut (RKI) etwa 500.000 Menschen die Diagnose Krebs – Tendenz steigend. Krebs ist keine einheitliche Krankheit, sondern manifestiert sich in rund 300 verschiedenen Arten, die sich hinsichtlich der Entstehung, des Verlaufs und der Therapie unterscheiden. Die häufigsten Krebserkrankungen sind bei Männern Prostatakrebs, außerdem Lungen- und Darmkrebs. Frauen sind am häufigsten von Tumoren der Brustdrüsen, des Darms und der Lunge betroffen.


Lebensstil entscheidend

Verantwortlich für den zu erwartenden Anstieg an Krebserkrankungen ist unter anderem die Tatsache, dass Menschen immer länger leben. Die Wahrscheinlichkeit für Krebs nimmt mit dem Alter zu. Denn unter anderem gilt: Je länger jemand lebt, desto mehr verändert sich das Erbgut – was die Wahrscheinlichkeit für die Bildung von Tumoren erhöht. Dazu muss man wissen: Krebs ist eine Krankheit, bei der sich gesunde Zellen im Körper verändern und zu Tumorzellen werden. Meist sind Schäden am Erbgut der Zellen oder Fehler beim Ablesen der Erbinformation der Grund. Es kommt zu einem unkontrollierten Wachstum der bösartigen Zellen. Auch der Lebensstil spielt eine bedeutende Rolle: Laut Experten wären bis zur Hälfte aller bösartigen Tumoren vermeidbar, wenn Menschen nicht rauchen, auf Alkohol verzichten, auf ihre Ernährung achten und für ausreichend Bewegung sorgen würden. Das ist immens. Doch warum bemühen sich so viele Menschen nicht, ihr eigenes Krebsrisiko zu senken? Dieser Frage sind Forschende vom Nationalen Krebspräventionszentrum und vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) nachgegangen. „Es ist wichtig zu verstehen, ob Menschen nichts unternehmen, um ihr persönliches Krebsrisiko zu senken, weil sie nicht über die Risikofaktoren Bescheid wissen, oder ob sie trotz Kenntnis der Risikofaktoren nicht handeln“, sagt Pricivel Carrera vom Nationalen Krebspräventionszentrum in Heidelberg. Die Analyse einer internationalen Umfrage der Union for International Cancer Control zum Thema Krebs ergab: Je mehr Menschen in einem Land über Krebsrisikofaktoren Bescheid wissen, desto höher ist der Anteil an Menschen, die sich bemühen, ihr persönliches Krebsrisiko zu senken. Aufklärung und Bewusstsein für Risikofaktoren schaffen, das bringt per se etwas – doch müssten noch mehr Menschen die Empfehlungen zur Krebsprävention auch umsetzen.

Vorsorge wahrnehmen

Die Früherkennung ist das A und O: Je früher ein Tumor entdeckt und behandelt wird, desto besser sind die Heilungschancen. Stichwort: Krebsvorsorge, im Fall von Haut-, Brust-, Gebärmutterhals-, Darm- und Prostatakrebs von den gesetzlichen Krankenkassen erstattet. Das Brustkrebs-Screening gilt als Paradebeispiel, denn durch die wirkungsvolle Diagnostik nehmen seit der 2005 vorgenommenen Einführung des Screenings die fortgeschrittenen Tumorstadien ab. Mehr noch: Durch die gute Anbindung an das Krebsregister kann die Brustkrebsforschung intensiver und effizienter betrieben werden.

Viele Menschen in Deutschland stehen dem Thema Krebsvorsorge laut den Ergebnissen einer repräsentativen Online-Befragung des AOK-Bundesverbands aus dem November 2023 offen gegenüber. So stimmen 56 Prozent der Befragten der Aussage zu, dass sie regelmäßig zu Krebsvorsorgeuntersuchungen gehen – mehr als im Jahr zuvor. Nur knapp jede vierte befragte Person interessiert sich nicht für das Thema Krebsvorsorge.

Bessere Prognosen bei Krebs

Krebs ist die zweithäufigste Todesursache: Pro Jahr verlieren hierzulande über 200.000 Menschen den Kampf gegen die heimtückische Krankheit. Dennoch: Die Wahrscheinlichkeit, eine Krebserkrankung zu überleben, steigt weltweit an. Früh entdeckt und dank immensen Fortschritten in der Krebsmedizin kann inzwischen durchschnittlich die Hälfte aller Krebserkrankungen geheilt werden – je nach Krebsart sogar auch ein deutlich höherer Anteil. 

Damit steigt aber auch die Anzahl der sogenannten Langzeitüberlebenden – Menschen, deren Krebserkrankung mehr als fünf Jahre zurückliegt. Laut Deutscher Krebshilfe sind das aktuell fünf Millionen Betroffene in Deutschland, schätzungsweise die Hälfte leide an Spätfolgen der Erkrankung oder Therapie. Zu den häufig auftretenden körperlichen Langzeitfolgen zählen unter anderem Herz-Kreislauf-Erkrankungen, chronische Erschöpfung, Nervenstörungen sowie Beeinträchtigungen der Fruchtbarkeit. 

Im Fokus: Langzeitüberlebende

„Wir wissen noch viel zu wenig darüber, wie verbreitet die unterschiedlichen Langzeitfolgen sind und wann sie bei wem auftreten. Was uns fehlt, sind umfassende Daten, die uns dabei helfen zu erkennen, wie wir die Situation der Langzeitüberlebenden verbessern können“, so Professor Dr. Wolf-Karsten Hofmann, Vorsitzender des Fachausschusses „Versorgungsmaßnahmen und -forschung“ der Deutschen Krebshilfe. 

Anlässlich des diesjährigen Weltkrebstages fiel daher der Startschuss für die beiden Programme „Datenerhebung und Datenanalyse“ sowie „Innovative Versorgungsmodelle“, in denen insgesamt elf Forschungsprojekte mit acht Millionen Euro gefördert werden. „Die Initiative der Deutschen Krebshilfe macht deutlich, wie sehr es der Organisation um eine bessere Versorgung von Betroffenen geht. Aus meiner Arbeit bei der ‚Frauenselbsthilfe Krebs' und auch aus eigener Erfahrung weiß ich, wie unglaublich hoch die Belastung für die Betroffenen nach einer Krebserkrankung noch immer sein kann“, so Barbara Quenzer, Vorsitzende des Fachausschusses „Krebs-Selbsthilfe/Patientenbeirat“.

Zielgerichtete Therapien bei Krebsdiagnose

Bessere Diagnostikverfahren, hochpräzise bildgebende Verfahren, neuartige Bestrahlungsgeräte und der Einzug von Hightech in der Tumorchirurgie erlauben eine aussichtsreiche Behandlung von Krebsformen, bei denen die ärztliche Kunst in der Vergangenheit meist versagt hatte. Die moderne Onkologie ermöglicht eine zielgerichtete, auf die erkrankte Person individuell ausgerichtete Versorgung. 

Die Krebsmedizin wird immer personalisierter – gepuscht durch neue Krebsmedikamente, die in 2025 rund ein Drittel der Neueinführungen ausmachen sollen, verkündet der Verband Forschender Arzneimittelhersteller (vfa). Vom Wirkprinzip her gehören die neuen Krebsmedikamente zu verschiedenen Klassen: Unter ihnen sind unter anderem Kinasehemmer, Antikörper-Wirkstoff-Konjugate, Checkpoint-Inhibitoren und bispezifische Antikörper, die Krebszellen mit Immunzellen verbinden, damit diese sie zerstören.

Neue Ansätze geben Hoffnung

Zu den Therapieinnovationen zählen zum Beispiel individualisierte Immuntherapien gegen schwarzen Hautkrebs. „Große Hoffnungen haben wir bei der individualisierten mRNA-Impfung gegen Melanome, die sich spezifisch gegen Tumormerkmale des jeweiligen Krebsbetroffenen richten“, erklärt Professor Dr. Ralf Gutzmer, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Dermatologische Onkologie in der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG), in einer Mitteilung anlässlich des Weltkrebstages 2025. Ein weiterer Durchbruch – und mittlerweile Therapiestandard – ist die PSMA-Therapie (prostataspezifisches Membranantigen) in Kombination mit Radioliganden. Dies ist eine nuklearmedizinische Therapie, bei der ein radioaktives Medikament an das Prostatakarzinom bindet und die Tumorzellen so gezielt „von innen“ bestrahlt. Und dank der sogenannten „totalen neoadjuvanten Therapie“, der neuen Strahlenchemotherapie-Konzepte, kann der Schließmuskel bei Patientinnen und Patienten mit Enddarmkrebs in zahlreichen Fällen erhalten bleiben. Die Fortschritte in der Onkologie zeigen, dass es bei der Behandlung von Krebs längst nicht mehr allein darum geht, ob eine Therapie wirkt, sondern wie gezielt und schonend sie individuell angepasst werden kann. 

Zahl zum Staunen

77 Um so viel Prozent wird bis zum Jahr 2050 laut Schätzungen der Internationalen Agentur für Krebsforschung (IARC) weltweit die Zahl der Krebserkrankungen zunehmen. Das entspricht 35 Millionen.

Quelle: https://www.who.int/news/item/01-02-2024-global-cancer-burden-growing--amidst-mounting-need-for-services; letzter Zugriff: 13.02.2025

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