Krebs heilen

Der Wettlauf geht weiter

Von Karl-Heinz Möller · 2018

Krebs ist immer noch keine Krankheit wie jede andere, aber sie hat einiges von ihrem Schrecken verloren. Dank hervorragender Mediziner, Forscher und innovativer Unternehmer, die mit neuen Methoden, Techniken und Produkten ihr zu Leibe rücken. Einmal um bösartige Tumoren zu entdecken und ihre Existenz zu bekämpfen. Zum anderen den Krebs von vornherein auszubremsen. Tausende Experten arbeiten täglich fieberhaft weiter an Verbesserungen, um Patienten dank moderner Diagnostik, vielfältiger Therapien und Nachsorge weiterhin nachhaltige Lebensperspektiven zu erhalten.

Ein Krankenhauszimmer bei Nacht. Die Aussicht, langfristig Krebs zu heilen, spornt die Forschung an.

Gigantische Anstrengungen sind nötig, um hinter die komplexen Zusammenhänge und die Mechanismen von Krankheiten zu gelangen. In der Regel stehen hinter greifbaren Ergebnissen mühsame und zeitraubende Prozesse, aber sie sind – wie die vergangenen Jahre zeigen – letztlich lohnende Unterfangen. In der Forschung steht der intensive Kampf gegen den Krebs weiterhin ganz oben auf der Agenda. Dauerhaft, wenn auch oft in kleinsten Schritten, verzeichnen die interdisziplinär angelegten aktuellen Versuche und Studien messbare und vielversprechende Erfolge.

Neue Therapien aus den Labors erobern die Praxis 

In den Labors wissenschaftlicher Institute oder in den Forschungsabteilungen von Unternehmen dienen sie dem Wohle der Menschheit. Freilich nicht ohne eine Portion Eigennutz auf dem Weg zu möglichem Ruhm und Profit – warum auch nicht. Allein die Ergebnisse im Sinne von echten Fortschritten zählen, und mögen sie global einer breiten Schicht zu Gute kommen. Neben dem Wissen um die Risiken und Gefahren im Kontext mit dieser Krankheit spielen Faktoren wie Hoffnung und Zuversicht mit. Die zentrale Botschaft lautet im Einzelfall: Kenntnisreich vorbeugen, aktiv gegen die Bedrohungen angehen, überzeugt sein von einer umfassenden Genesung. Denn der Feind ist oft alles andere als bereits besiegt, und der Wille kann auch in der Medizin neue Kräfte freisetzen. 

Hochauflösende Bildverfahren tragen dazu bei, Präzisionsmedizin zu ermöglichen.

Einer der interessanten Coups in jüngster Zeit ist die Krebstherapie mit Hilfe von Immunzellen. Die Rede ist von einem schon klinisch erprobten Vorgehen, das die erfolgreiche Bekämpfung bestimmter Formen von Leukämie und von Lymphdrüsenkrebs in den Bereich des Machbaren rückt. Auch andere Arten von Krebs, etwa Tumoren in Brust, Eierstock, Lunge oder Bauchspeicheldrüse, versuchen Forscher mit Hilfe der aufgerüsteten Immunzellen zu knacken – allerdings bislang mit weniger Erfolg.

Eigene Abwehrkräfte mobilisieren

Hoffnungsträger und Gallionsfigur ist Emily. Vor rund sechs Jahren erhielt das an Akuter Lymphatischer Leukämie (ALL) lebensgefährlich erkrankte Mädchen auf experimenteller Ebene eine Gentherapie in der Kinderklinik von Philadelphia, USA. An den heftigen Nebenwirkungen wäre die damals Sechsjährige fast gestorben. Im Koma liegend und unter Wochen anhaltenden hohem Fieber attackierten die, sich in ihrem Körper allmählich vermehrenden, genmodifizierten T-Zellen (Abwehrzellen des Immunsystems) die Blutkrebszellen. Emily erwachte an ihrem siebten Geburtstag aus dem Koma. Seitdem ist die heute 12-jährige Emily Whitehead krebsfrei – und als erstes an Leukämie erkranktes und mit T-Zellen geheiltes Kind ein leuchtender Stern am Medizin-Himmel. Konkrete Verfahren für die Zulassung der Immunzellentherapie stehen in den USA sowie in Europa vor dem Abschluss. 

Solche Highlights motivieren. Aber wie im Falle von Emily stehen hinter den medizinischen Erfolgen in hohem Maße Know-how, Erfahrung und exakte Analysen und Versuche. Am Anfang von allem Tun steht im medizinischen Alltag die Ursachenfindung, die systematisch und Zufälle ausschließend erfolgt. Dies kann im ersten Schritt durch den Facharzt, den Internisten oder untersuchenden Arzt in einer Klinik erfolgen. Den Leitlinien entsprechend arbeiten sich Spezialisten immer tiefer in die Materie, bis eine stabile Diagnose und ihre Details feststehen.

Quelle: Statistisches Bundesamt, 2015

Hoher Grad an Digitalisierung in der Präzisionsmedizin

Längst ist die Medizin in der Diagnose und Bekämpfung von Krebs auf einem hohen Level an High-Tech angelangt. Als Beispiele seien die Fortschritte in der onkologischen Bildgebung genannt. Diese trägt dazu bei, moderne Präzisionsmedizin zu ermöglichen. 

Mit Hilfe dreidimensionaler Bilder können heute Operateure in Echtzeit exakt Tumoren erfassen und aus dem Tumorbett hundertstel Millimeter genau herausoperieren, ohne das gesunde Gewebe zu verletzen. Parallel ist gegebenenfalls gleichzeitig eine Bestrahlung möglich. Verfahren wie die Intraoperative Strahlentherapie (IORT) gelten als Meilensteine und verbessern die Heilungschancen, beispielsweise beim Entfernen von Gehirntumoren.

Dank spezieller Medikamente leben die meisten Krebspatienten heute deutlich länger und besser als noch vor einigen Jahren. Trotzdem ist Krebs immer noch die zweithäufigste Todesursache in Deutschland. Forscher sind daher ständig auf der Suche nach neuen Wirkstoffen im Kampf gegen die Krankheit.

Hat sich ein neues Medikament in mehreren Studien an gesunden und kranken Menschen bewährt, kann ein Hersteller die Zulassung für das Medikament beantragen. Wird diese erteilt, steht das Mittel fortan Patienten zur Verfügung. So kamen 2016 zehn neue neue Präparate auf den deutschen Markt, 2017 elf neue.

Krebs heilen: Die Entwicklung von Impfstoffen ist aufwendig

2018 könnten es ähnlich viele neue Krebsmedikamente sein. Der Verband der forschenden Pharmaunternehmen (vfa) schätzt, dass in diesem Jahr insgesamt mindestens 30 Medikamente mit neuem Wirkstoff eingeführt werden. Neben neuen Antibiotika und Medikamenten gegen seltene Krankheiten sind es vor allem Mittel gegen Krebs.

Viele der Medikamente setzen direkt an den Tumorzellen an. Sie transportieren beispielsweise radioaktive Atome oder Giftstoffe zu den Tumorzellen, um sie zu zerstören und sie daran zu hindern, sich weiter zu vermehren. Das übrige Gewebe des Körpers soll dabei verschont bleiben. Daher erscheint eine einfache Impfung gegen Krebs nicht möglich, weil Tumore aus körpereigenen Zellen bestehen. Wirkung zeigten jetzt jedoch Impfstoffe, die anhand individueller Mutationen auf den einzelnen Patienten abgestimmt sind.

Neue Entwicklungen gibt es offensichtlich in einer beeindruckenden Breite und Tiefe in nahezu allen Segmenten. Um den Krebs zu bekämpfen und vielleicht zu besiegen, erscheint es daher elementar, alle Erkenntnisse und Lösungen in einem interdisziplinären Ansatz zusammenzuführen. In Deutschland erkranken jedes Jahr etwa 480.000 Menschen an Krebs. Um schnell an neuen Therapiemöglichkeiten zu arbeiten, und um diese Zahl zu reduzieren, müssen Mediziner, Ingenieure und Naturwissenschaftler eng zusammenarbeiten. Der Fokus darf beispielsweise nicht nur auf Grundlagenforschung liegen oder zu wissenschaftlichen Pirouetten in Elfenbeintürmen führen – Translation muss die Devise lauten. Neue Erkenntnisse sollten schnell in die klinische Praxis einfließen, damit Patientinnen und Patienten aktuell davon profitieren können  – Beim Eid des Hippokrates.

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