Krebsversorgung in der Pandemie

Vorsorge schwächelt, Forschung floriert

Von Nadine Effert · 2022

Krebs gehört in Deutschland nach wie vor zu einer der gefürchtetsten Diagnosen. Doch die Chancen, eine Krebserkrankung zu überleben, sind in den letzten Jahren gestiegen – aufgrund einer gesteigerten Awareness für viele Krebsarten und vor allem modernen Therapien, die Betroffenen nicht nur Hoffnung machen, sondern immer häufiger Leben retten.

Ein Pärchen umarmt sich.
Immer mehr Menschen überleben ihre Krebserkrankung.

Die Diagnose Krebs ist ein immenser Schock. Ihn erleben in Deutschland laut aktuellsten Zahlen des Robert Koch-Instituts (RKI) jährlich etwa 498.000 Menschen. Für das Jahr 2022 sagen Fachleute einen Anstieg auf über 510.000 Krebsneuerkrankungen voraus. Die Zunahme der Neuerkrankungen beruht jedoch auf der hierzulande höheren Lebenserwartung. Fast alle Krebsarten treten bei älteren Menschen sehr viel häufiger auf als bei jüngeren Menschen. 

Bessere Überlebenschancen

Mit rund 230.000 Todesfällen pro Jahr ist Krebs die zweithäufigste Todesursache nach Herz-Kreislauf-Krankheiten. Die positive Nachricht: Laut der internationalen „Concord-3“-Studie, die in der Fachzeitschrift „The Lancet“ erschienen ist, sind die Chancen, eine Krebserkrankung zu überleben, seit dem Jahr 2000 weltweit gestiegen – auch in Deutschland. Bei Brustkrebs etwa erhöhte sich die sogenannte Fünf-Jahres-Überlebensrate von 83,9 auf 86 Prozent, bei Lungenkrebs von 14,9 auf 18,3 Prozent. Zahlen, die insbesondere auf Fortschritte in der Forschung, verbesserte Früherkennungsmethoden und immer wirkungsvollere Therapien zurückzuführen sind.

Darmkrebs-Vorsorge: messbare Erfolge

Je früher ein Tumor entdeckt wird, desto besser stehen die Chancen auf Heilung. Daher kommt – neben der Prävention – der Vorsorge eine große Bedeutung zu. Dies zeigt das Beispiel Darmkrebs-Vorsorge, zu der im vergangenen Jahr die erste Langzeitstudie (ESTHER-Studie) des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) veröffentlicht worden ist. Über 17 Jahre hinweg wurden mehr als 9.000 Studienteilnehmende beobachtet. Das Ergebnis: Bei Personen, die eine Vorsorge-Darmspiegelung in Anspruch genommen hatten, traten nahezu 60 Prozent weniger Darmkrebs-Neuerkrankungen auf. Das Risiko, an Darmkrebs zu versterben, lag in der Screening-Gruppe sogar um 70 Prozent niedriger. „Unsere Ergebnisse beziffern, welchen enormen Beitrag die Vorsorge-Koloskopie zur Krebsprävention leisten kann. Aber die beste Früherkennungsuntersuchung nutzt wenig, wenn sie nicht ausreichend wahrgenommen wird", sagt Prof. Dr. Hermann Brenner, Leiter Abteilung Klinische Epidemiologie und Alternsforschung am dkfz.

Krebsversorgung in der Pandemie: Einbrüche in der Früherkennung

Auch die Coronapandemie wirkt sich auf die Wahrnehmung der Früherkennung, aber auch die Nachsorge aus – aus Angst vor Ansteckung. Das bestätigt eine forsa-Studie aus dem Mai 2021, wonach jeder Fünfte wegen Corona nicht zu Krebs-Vorsorgeuntersuchungen gehen wollte oder konnte. „Da werden wir in ein, zwei Jahren noch eine schwierige Situation erleben“, meint Susanne Weg-Remers vom Deutschen Krebsforschungszentrum. „Wir werden es mit mehr fortgeschrittenen Krebserkrankungen zu tun haben.“ Zahlen der AOK aus 2020 bestätigen das Dilemma: Besonders starke Rückgänge wurden mit fast 20 Prozent bei der Hautkrebs-Vorsorgeuntersuchung sowie jeweils 8,1 Prozent beim Mammografie-Screening und bei der Prostatakrebs-Früherkennung verzeichnet. Fachleute raten dringend dazu, die Vorsorgemaßnahmen nicht schleifen zu lassen und beim kleinsten Verdacht auf einen Tumor einen Arzt oder eine Ärztin aufzusuchen. Die Ansteckungsgefahr in Praxen und Krankenhäusern sei bekanntlich minimal.

Fortschritte bei mRNA-Technik

Auf die Krebsforschung hingegen hat die Pandemie eine positive Auswirkung: Man weiß nun mehr über die Verträglichkeit und Nebenwirkungen von mRNA-Impfstoffen. Wissen, das sich Krebsforschende, die sich schon seit 20 Jahren mit dieser Technik beschäftigen, zunutze machen können. Die Herausforderung im Kampf gegen Krebs: Bei jedem krebskranken Menschen sind die Tumorzellen unterschiedlich. Es geht also um die anspruchsvolle Entwicklung individueller mRNA-Krebstherapien. Das Paul-Ehrlich-Institut rechnet damit, dass es in Deutschland in fünf Jahren eine erste Zulassung für mRNA-Impfstoff gegen Krebs gibt. Aktuell werden 17 klinische Studien zu Lungen-, Prostata- oder Hautkrebs durchgeführt.

Quellen:
Krebsinformationsdienst: Krebsstatistiken
Deutsches Krebsforschungszentrum: mRNA-Impfung gegen Krebs

Schon gewusst?

Die Krebsberatungsstellen der Landeskrebsgesellschaften bieten flächendeckend ein kostenfreies hochqualifiziertes, umfassendes Beratungs- und Kursangebot für krebskranke Menschen und ihre Angehörigen. Unter www.offene-krebskonferenz.de, der Online-Plattform des bundesweit größten Patientenkongresses, erhalten Betroffene hochwertige und gesicherte Informationen zum Leben mit einer Krebserkrankung.

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