Krebs noch besser verstehen

Auf einem guten Weg

Von Nadine Effert · 2023

Krebsdiagnosen nehmen tendenziell zu. Dennoch ist die Zahl der Patientinnen und Patienten, die an einer bösartigen Tumorerkrankung verstirbt, unterm Strich stabil. Das ist eine gute Nachricht. Welche Entwicklungen dazu beigetragen haben und warum die Forschung nicht müde wird, den Krebs noch besser zu verstehen:

Eine junge Frau bekommt eine Mammographie.
Die Mammografie ist das bislang einzige zugelassene Verfahren zur Krebsfrüh- erkennung mit ionisierender Strahlung. Foto: iStock / gorodenkoff

Über 500.000 Menschen erkranken in Deutschland jedes Jahr neu an Krebs. Rund vier Millionen Menschen leben mit der Krankheit. Krebs ist eine der häufigsten Todesursachen. Über 40 Prozent aller Krebsfälle könnten durch eine gesunde Lebensweise vermieden werden. Tumorerkrankungen sind und bleiben eine große Herausforderung. Diese Tatsache rückt auch der Weltkrebstag am 4. Februar weltweit ins öffentliche Bewusstsein – in diesem Jahr unter dem Motto „Close the care gap – Versorgungslücken schließen“. 

Fünf Säulen, um krebs noch besser zu verstehen

Nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) erkrankt in Deutschland fast jeder Zweite im Laufe seines Lebens an Krebs, von dem über 200 verschiedene Formen bekannt sind. „Über alle Krebsarten hinweg haben wir heute eine 50-prozentige Heilungschance. Vor 20 Jahren konnte nur jeder Dritte geheilt werden. Dieser Effekt ist die Summe aller Fortschritte: Früherkennung, Diagnostik, konventionelle Therapie und die Einführung neuer Therapien“, erklärt Dr. Susanne 

Weg-Remers, Leiterin des Krebsinformationsdienstes im Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg. Auch wenn das Verständnis von der Entstehung und insbesondere dem Fortschreiten des Wachstums bösartiger Tumoren, die durch eine Anhäufung von tumortreibenden Mutationen im Erbgut entstehen, insgesamt noch sehr lückenhaft ist, ist das medizinische Wissen über Krebserkrankungen so groß wie nie zuvor. Gleiches gilt für das Behandlungsspektrum, das sich in den letzten 20 Jahren, neben Chemotherapie, Operation und Strahlentherapie, mit der Etablierung zwei weiterer Säulen vergrößert hat: zielgerichtete Therapien und Immuntherapien. So lässt sich heute beispielsweise schwarzer Hautkrebs im fortgeschrittenen metastasierten Stadium – einst ein sicheres Todesurteil – mit Immuntherapien sehr gut behandeln. Zielgerichtete Arzneimittel, die sich gegen spezifische biologische Eigenschaften der Krebszellen richten, sorgen unter anderem beim fortgeschrittenen nicht kleinzelligen Lungenkarzinom für große Verbesserungen in der Behandlung.

Vorsorge rettet Leben

Krebs kann heute in vielen Fällen geheilt werden. Laut der Deutschen Krebsgesellschaft betrifft dies bei manchen Krebsarten neun von zehn Erkrankten. Das gilt insbesondere bei Brust-, Darm-, Haut- und Gebärmutterhalskrebs sowie verschiedenen Formen des Prostatakrebses. Voraussetzung ist allerdings, dass der Tumor früh entdeckt wird. Doch nutzen zu wenige Menschen die Möglichkeiten der Früherkennung: Eine bevölkerungsrepräsentative Forsa-Befragung im Auftrag des AOK-Bundesverbandes aus dem Oktober 2022 zeigt zwar eine hohe Akzeptanz für die Krebsvorsorge: 94 Prozent der rund 1.500 Befragten gaben an, dass sie die Untersuchungen zur Krebsfrüherkennung sinnvoll finden. Allerdings erklärte die Hälfte der Befragten, dass sie das Ausmachen von Terminen zur Gesundheitsvorsorge zumindest ab und zu aufschieben würden. 26 Prozent gaben an, dass sie wegen anderer Aufgaben keine Zeit und Energie für die Krebsfrüherkennung hätten. „Das wichtige Thema Krebsvorsorge sollte man nicht vor sich herschieben“, kommentiert Prof. Thomas Seufferlein, Präsident der Deutschen Krebsgesellschaft, die Ergebnisse. „Bei einigen Tumorerkrankungen, zum Beispiel beim Darmkrebs, finden wir im Rahmen der Vorsorge bereits Vorstufen von Krebs – und können mit der Entfernung dieser Gewebeveränderungen den Krebs verhindern, bevor er entsteht.“ Dass Vorsorge Leben retten kann, beweist das Paradebeispiel Brustkrebs-Screening: Seit der Einführung im Jahr 2005 nehmen die fortgeschrittenen Tumorstadien ab, wodurch mit einer deutlichen Senkung der Brustkrebssterblichkeit zu rechnen ist. Durch die gute Anbindung an das Krebsregister kann zudem die Brustkrebsforschung vorangetrieben werden. 

Personalisierte Therapie 

Tumor ist nicht gleich Tumor. Krebserkrankungen verlaufen bei jeder Patientin und jedem Patienten unterschiedlich. Das Wissen um den individuellen „genetischen Fingerabdruck“ von Tumorzellen ermöglicht in Zukunft immer häufiger maßgeschneiderte, personalisierte Therapien. Sie basieren auf einer molekularen Testung des Tumors auf Biomarker, die in Zukunft weniger aufwendig mithilfe von Künstlicher Intelligenz gelingen könnte – so das Ziel des Projekts „Cancer Scout“. Vorab werden Gewebeproben des Tumors mithilfe von KI digital analysiert und dadurch vorhergesagt, ob Merkmale des Tumors vorliegen, die sich durch eine auf ihn abgestimmte personalisierte Therapie angreifen ließen. Nur einer von vielen vielversprechenden Ansätzen, die sich bestimmte Schlüsseltechnologien zunutze machen, um die Überlebenschancen von krebskranken Menschen weiter zu verbessern.

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